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Es geht auch andersherum: das Elektroauto als Energiespeicher fürs Haus

HEV Toggenburg
22.02.2024

Das bidirektionale Laden bietet Chancen für Hausbesitzer», sagt Ruedi Giezendanner vom Energietal Toggenburg.

Das Elektroauto ist die ideale Ergänzung zur Solaranlage. Der selbst produzierte Solarstrom lädt das Fahrzeug. Doch es geht auch andersherum: Bidirektionales Laden heisst die Lösung und ermöglicht es, den Strom der Autobatterie für den Haushalt zu nutzen oder ins Netz einzuspeisen.

Das Elektroauto ist mehr als nur fahrbarer Untersatz. Es lässt sich zukünftig immer mehr ins private Stromnetz integrieren, denn immer mehr Autoanbieter machen das bidirektionale Laden, also den Stromfluss in beide Richtungen (bidirektional), möglich. Je nach Bedarf oder nach lokaler Stromproduktion, wie beispielsweise Solarstrom auf dem Dach, wird dem Auto Energie zugeführt oder – umgekehrt – dem Auto Strom entnommen.

Speichern, das grundsätzliche Problem

Eine Knacknuss bei den erneuerbaren Energien ist die Speicherung des Stroms. Denn die PV-Anlage produziert Strom, wenn die Sonne scheint, und nicht immer dann, wenn er im Haus gebraucht wird. Im Idealfall kann die überschüssige Energie mit speziellen Batterien gespeichert werden, doch dies ist mit Zusatzkosten verbunden. Hier setzt das bidirektionale Laden an und nutzt die Autobatterie als Zwischenspeicher, denn in der Regel sind die meisten Autos den grössten Teil in der Garage parkiert, und die Autobatterie bietet im Gegensatz zu herkömmlichen stationären Speichern fast das Zehnfache an Energiespeicherkapazität.

Passendes Auto…

«Nicht alle E-Autos sind aber für das bidirektionale Laden eingerichtet», sagt Ruedi Giezendanner vom Energietal Toggenburg, denn die Autos müssten den Stromfluss in beide Richtungen zulassen. Doch es gebe sie, und die Tests mit der neusten Technologie liefen auf Hochtouren. Bisher hat es wenige Marken und Modelle auf dem Markt, die bidirektionales Laden unterstützen. Führend sind asiatische Fahrzeuge, namentlich japanische, denn in Japan ist diese Ladetechnologie seit Jahren bei Elektromobilen Pflicht

… und Ladestation, eine Wallbox sind nötig

Neben dem Elektroauto selbst muss auch die Ladestation für bidirektionales Laden gemacht sein. «Denn eine handelsübliche Ladestation ermöglicht nur, den Strom in das Fahrzeug zu übertragen. Im Auto wird dieser dann in Gleichstrom (DC) umgewandelt, damit der Motor läuft.» Damit aber der Strom von der Batterie zurück ins Netz des Hauses gelangen kann, braucht es entweder im Elektroauto oder in der speziellen Ladestation (Wallbox) einen Wechselrichter. Dieser wandelt den Gleichstrom des Autos in Wechselstrom für den Hausgebrauch um. Eine Wallbox mit Wechselrichter habe zudem den Vorteil, so Giezendanner, dass das Laden des Autos mit Gleichstrom deutlich schneller sei. Neben dieser Wallbox braucht es des Weiteren einen entsprechenden Ladestecker, der die erforderliche Datenkommunikation zwischen Auto und Ladeinfrastruktur ermöglicht. «Eine Ladestation für bidirektionales Laden gibt es meines Wissens in der Schweiz nur von einem Lieferanten», so der Energieberater. Die Kosten für diese bewegen sich derzeit noch zwischen 10000 und 15000 Franken.

Verschiedene Anwendungen – Fachbegriffe

Der im Auto gespeicherte Strom kann auf verschiedene Arten genutzt werden. Dabei werden die Abkürzungen V2X, Vehicle-to-Everything, genutzt. Die bekanntesten Kurzbegriffe sind einerseits der V2L, was Vehicle-to-Load bedeutet. Dies funktioniert über eine im Auto verbaute Steckdose, an die verschiedene Geräte angeschlossen werden können. Dies kann praktisch sein auf dem Campingplatz, aber auch zum Laden von Tablets oder Natels. V2G, was Vehicle-to-Grid bedeutet, ist die Möglichkeit, zusätzliche Energie vom Elektroauto in das gesamte Stromnetz einzuspeisen und so Schwankungen und Belastungen im Stromnetz auszugleichen. Und schliesslich spricht man von V2H, dem Vehicle-to-Home, bei dem die Autobatterie für die Stromversorgung zu Hause genutzt wird.

«Sehr interessant für Hausbesitzer»

Ruedi Giezendanner spricht bei V2H von einer sehr interessanten und lukrativen Anwendung für den Besitzer eines Hauses mit Photovoltaikanlage. Denn: Solaranlagen funktionieren umso wirtschaftlicher, je mehr des Solarstroms direkt im Gebäude verbraucht wird. Mit dem Instrument des bidirektionalen Ladens kann bei massiver Überproduktion der Solaranlage die überschüssige Energie in der Autobatterie gespeichert werden. Scheint dann die Sonne nicht mehr, speist sie den Strom zurück ins Hausnetz fürs Licht, fürs Kochen oder fürs Heizen und macht unabhängiger vom Stromversorger. Ermöglicht werden dieses Laden und dieses Entladen mittels einer intelligenten Steuerung.

Kniffliger bei Mehrfamilienhäusern

«Während das Einrichten des bidirektionalen Ladens bei Einfamilienhäusern unproblematisch ist, setze ich derzeit bei Mehrfamilienhäusern noch grössere Fragezeichen», sagt der Fachmann vom Energietal Toggenburg. Herrschten beim Einfamilienhaus klare Besitz- und Zuständigkeitsverhältnisse, sehe es im Mehrfamilienhaus anders aus. Wer liefert in einer Sammelgarage den Strom? Wie wird abgerechnet, gemessen, entschädigt? «Hier sollten ein Lademanagement und klare Bestimmungen das V2H regeln.»

Am Ball bleiben

Noch steht das bidirektionale Laden in der Schweiz am Anfang, doch es hat das Potenzial, die Energiewirtschaft zu revolutionieren. Die gesetzlichen Grundlagen und Installationsvorschriften wurden angepasst, lassen zwischenzeitlich das bidirektionale Laden zu. Insofern kann im Rahmen der geltenden Regeln und der passenden Autos und Wallboxen diese neue Technologie genutzt werden. «Die Technik verändert sich derzeit rasant schnell», sagt Ruedi Giezendanner. Wichtig sei es, am Ball zu bleiben und sich zu informieren. Im Übrigen, schiebt der Energieberater nach, sei die Belastung der Autobatterie für die Nutzung im Einfamilienhaus nicht sehr gross, die schnellere Alterung marginal. (meka)

www.energietal-toggenburg.ch
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